Neue Blickwinkel beim Blindenfußball in Glehn

     Es beschlich einen schon ein beklemmendes Gefühl, das erste Mal die verdunkelte Brille aufzusetzen. Die völlige Finsternis, die einen umgab, sorgte für einige Orientierungslosigkeit bei den Jugendspielern des SV Glehn, die sich zum ersten Mal in ihrem Leben mit dem Thema „Blindenfußball“ auseinandersetzten. Die durch die Deutsche Telekom geförderte „Neue Sporterfahrung“ machte Station in Glehn und verschaffte den rund 30 teilnehmenden Jugendlichen einen völlig neuen Blickwinkel auf ihre Sportart.


Sich auf den Partner zu verlassen, war ein zentrales Thema bei den Übungen im Blindenfußball

     Denn die Spieler, die normalerweise von Projektleiter Andreas Gauls betreut werden, müssen ohne ihr Augenlicht beim Fußballspielen auskommen: „In der Blindenfußball-Bundesliga sind nur Kicker zugelassen, die blind oder extrem sehbehindert sind, maximal über zehn Prozent Sehfähigkeit besitzen“, so Gauls. Für gleiche Voraussetzungen sorgen dann überklebte Augenlider und zusätzlich eine Maske. In Deutschland ist darüber hinaus ein Kopfschutz vorgeschrieben. Beim Blindenfußball sind die Spieler extrem auf ihr Gehör angewiesen. Für die notwenigen Geräusche sorgen Rasseln im Ball, der ohne „Geräuschmacher“ normalerweise im Hallensport Futsal zum Einsatz kommt. Ein hinter dem gegnerischen Tor platzierter sehender „Guide“ gibt ständig Anweisungen an die Spieler im Angriffsdrittel, die dem Klang der Stimme folgen und daher eine Orientierung bekommen, wo sich das anzugreifende Tor befindet. Dort hütet ein sehender Keeper das 3x2 Meter große Gehäuse und ist in seinen Aktionen auf einen ein Meter tiefen Torraum beschränkt. Auch die verteidigenden Spieler kündigen mit einem wiederholenden Ruf „Voy, voy, voy …“, spanisch für „Ich komme“ ihre eigene Aktion in Richtung Ball an.

     Nach der theoretischen Einweisung in die Spiel- und Verhaltensregeln starteten die Glehner Jugendspieler dann auch rasch in die Aktionen mit Brille und Ball. Insbesondere bei den Übungsformen mit einem sehenden Partner lernten die Jungs dann, sich auf die Kommandos des Kompagnon verlassen zu müssen. Und dann auch mit dem Misserfolg umzugehen, wenn die Kommandos falsch oder zum falschen Zeitpunkt erfolgten. Die Folge war dann ein Ballverlust verbunden mit einer Orientierungslosigkeit auf dem Platz. Die herrschte dann vor allem beim Abschlussspiel, wo sehr deutlich wurde, dass Blindenfußball auch von einem Sehbehinderten nicht von heute auf morgen gelernt werden kann. „Die Erfahrungen, die die Jungs heute sammeln, sind unschätzbar wertvoll“, sagte Glehns Jugendleiter Norbert Jurczyk, der die Veranstaltung nach Glehn geholt hatte. „Es ist schon faszinierend, wie unser Körper in der Lage ist, den Ausfall eines Sinnesorgans zu kompensieren und durch andere Reize zu ersetzen.“

     Denn über den Tellerrand Fußball hinwegzuschauen, war auch das zentrale Thema des Abschlussgespräches, das Gauls mit den Jugendlichen führte. Dabei musste er krankheitsbedingt auf seinen Partner Hasan Koparan verzichten, der in der Blindenfußball-Bundesliga für Schalke 04 auf Torejagd geht. „Noch schöner wäre es gewesen, wenn die Jugendlichen ihre Fragen direkt an den blinden Menschen hätten richten können“, sagte Gauls, der in der Bundesliga als „Guide“ für den PSV Köln aktiv ist. Aber auch so zeigten sich die Jugendlichen wissbegierig, was den Alltag eines Sehbehinderten angeht. Gauls warb dafür, keine Berührungsängste gegenüber blinden Menschen zu haben: „Wenn ihr jemanden auf der Straße trefft, der offensichtlich Hilfe benötigt, dann sprecht ihn einfach an. Im Regelfall freuen sich die Menschen über Unterstützung. Und wenn nicht, dann können sie auch nicht mehr als ‚Danke, Nein‘ sagen.“


Projektleiter Andreas Gauls beantwortete viele Fragen der Jugendlichen zum Thema Blindheit und Blindenfußball

 

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