"Schmach der beiden Abstiege ist getilgt"

     Saisonende. Zeit für Bilanzen, Analysen und Planungen für die kommende Spielzeit. In den folgenden Zeilen schildert Glehns Kapitän Christian Böhme, der ein Großteil der Saison an den Folgen eines Kreuzbandrisses laborierend an der Seitenlinie verbingen musste, seine nicht immer ernst gemeinte persönliche Sicht auf die Saison 2012/13:

      Aufsteiger! Wir haben es tatsächlich geschafft! Genau da wollten wir auf neuem Geläuf, mit neuem Trainer und neuen sowie altbekannten Gesichtern bereits zum Saisonstart hin, denn gleich fünf zurückgeholte Bezirksliga-Veteranen machten Mut und eröffneten uns neue Möglichkeiten. Hatte der SV Glehn für die Rückholaktion sein Festgeldkonto geplündert? Ach ja, da war ja nach dem Kunstrasenbau nichts mehr drauf. Schön, dass es trotzdem geklappt hat. Da wir ohne die Hochkaräter bereits in der Vorsaison Dritter wurden, konnte für uns alle das Ziel nur Aufstieg lauten.

     Davon höchst motiviert und angespornt starteten wir im Sommer 2012 in die Vorbereitung. Unter dem neuen Übungsleiter Jörg Spillmann zeigte jeder sein Bestes um sich für die Startelf zu empfehlen. Und auch der Spaß kam nicht zu kurz: Die russische Dampflok (Gari Zigunov) zeigte schon in der Vorbereitung ihr Schusspotential und überwand Stefan Schmitz mit einem unhaltbaren Gewaltroller. Bei der Schussmessung im fupa.net gegen Saisonende sollte er dann mit stattlichen 117 km/h in die Top Ten der Amateure einziehen.

 

     Bereits vor dem ersten Spieltag zogen wir nach Siegen gegen Gustorf und Genlcerbirligi in die dritte Runde des Kreispokals ein. Optimistisch ob der guten Resultate reisten wir daher zum Saisonauftakt zum vermeintlichen Mitkonkurrenten um den Aufstieg, VfR Büttgen. Leider passte sich unser Spiel dem Wetter an diesem Tag an, es war einfach nur trist und so erhielten wir mit einem chancenlosen 1:3 schon am ersten Spieltag einen deftigen Dämpfer. Pünktlich zum Schützenfest fuhren wir dann aber anschließend die ersten drei Punkte gegen Jüchen ein, eingeleitet durch ein Traumtor von Neu-Papa Tobias Ingenfeld, der dieses auch gleich mit dem „Schnullerjubel“ zelebrierte. Gleich nach den schönsten Tagen des Jahres starteten wir eine atemberaubende Serie, gewannen gegen den bisherigen Tabellenführer Kaarst locker 3:0, beim 3:2 gegen Hoeningen hatten wir kurz vor Schluss den Pfosten als 12. Mann an Bord und dann stand das bis dato wichtigste Spiel der Saison gegen einen weiteren Mitkonkurrenten um den Aufstieg, die SG Neukirchen / Hülchrath, auf dem Programm: Hier war über die nahezu komplette Spielzeit Dramatik geboten. Zwei spielstarke Mannschaften schenkten sich nichts, Neukirchen ging kurz vor der Pause in Führung, wir drückten die komplette zweite Hälfte und mussten sogar das Karriereende von Sturmtank Stefan „El Plautzo“ Weyers miterleben, der sich einen Kreuzbandriss zuzog und beim Abtransport durch die Sanitäter mit tosendem Applaus wie bei einer Schützenparade verabschiedet wurde. Irgendwie skuril! Trotz dieser widrigen Umstände schafften wir das „Wunder von Neukirchen“ und drehten das Spiel durch zwei späte Tore noch zu unseren Gunsten. Ich fühlte mich bei dieser Dramatik an 1999 im Camp Nou erinnert, als der FC Bayern in der Nachspielzeit die sicher geglaubte Champions League an Manchester United verlor.

      Getragen von dieser Euphoriewelle fiedelten wir die nächsten Gegner spielerisch leicht vom Platz. Auch die nächsten „Länderspiele“ im Pokal gegen Trabzonspor und den PSV Neuss gewannen wir und alles lief nach Plan. Bis dahin …

      Am 9. Spieltag stand die Partie bei den Sportfreunden Vorst auf dem Programm. Bei einer Rettungstat auf der eigenen Torlinie nach wenigen Spielminuten verdrehte ich mir das Knie und zog mir ebenfalls einen Kreuzbandriss zu. Nur der ehrenvolle Abgang wie bei Stefan blieb mir verwehrt und trotz Schmerzen ging ich am nächsten Tag wieder arbeiten.

   

     Trotz allem Verletzungspech sollte die Serie weiterhin Fortbestand haben. Gegen leichtere Gegner spielten wir teilweise zwar unterirdisch und mussten uns den Vorwurf gefallen lassen, „wie Nutten zu spielen“. Nichtsdestotrotz gewannen wir die Spiele mehr oder weniger souverän und hatten uns dann auch das Glück erarbeitet, das man am letzten Spieltag vor der Winterpause gegen Gustorf brauchte: Auf dem Zahnfleisch kriechend mussten Spieler reaktiviert werden, die nach der Saisonvorbereitung lieber dem Grottenfußball der Borussia aus Mönchengladbach fröhnten oder sich bei den Alten Herren „fit“ hielten. Jedenfalls gewannen wir das Spiel gegen Gustorf mit 2:1 und damit das 13. Meisterschaftsspiel in Folge. Im Pokal war uns das Glück allerdings nicht mehr hold, trotz einer tollen Leistung verlor en wir gegen den Landesligisten TuS Grevenbroich 0:1. Na ja, dachte ich mir, so müssen wir zur Rückrunde wenigstens nicht mehr auf zwei Hochzeiten tanzen …

      Zu Beginn der Rückrundenvorbereitung war die Mannschaft trotz der super Hinserie kaum noch wieder zu erkennen. Ob es am eiskalten Wetter lag, am leckeren Feiertagsessen oder ob man sein Pulver bereits zu Silvester verschossen hatte? Man weiß es nicht so genau, jedenfalls wollte das Team einfach nicht so recht auf Touren kommen und auch die Resultate in den Testspielen stimmten im Hinblick auf das Topspiel zum Rückrundenauftakt gegen den Tabellenführer aus Büttgen nicht unbedingt optimistisch. Man bekam aber noch rechtzeitig die Kurve und trennte sich in einem taktisch geprägten Spiel (das ist die Umschreibung für Spiele mit viel Krampf und Kampf und wenigen Torszenen, die nur aufgrund der Tabellensituation der beiden Mannschaften spannend sind) 1:1. Damit beendeten wir zwar die beeindruckende Serie des Tabellenführers, der in der Hinrunde alle Spiele gewinnen konnte, blieben aber weiterhin drei Punkte zurück.

 

     Im weiteren Verlauf der Rückrunde nahmen wir dann doch langsam Fahrt auf und gewannen die nächsten Spiele unangefochten, bis es Ostern zum Rückspiel gegen Neukirchen kam. Wir führten schnell und hätten das Spiel schon nach 10 Minuten entscheiden können, versäumten dies allerdings und so legten uns die Gäste noch vor der Pause zwei Eier ins Nest. Im zweiten Durchgang kamen wir noch zum Ausgleich, verloren allerdings weiterhin Boden auf Büttgen. Diese zogen zwischenzeitlich auf acht Punkte davon und der erste Tabellenplatz schien schon weit weit weg. Trainer Spillmann appellierte allerdings an seine Spieler weiterhin gallig zu sein. „Gallig“, ein Ausdruck mit guten Chancen zum Unwort des Jahres. Auch der 1. Vorsitzende Markus Drillges hielt die Truppe mit ellenlangen Durchhalteparolen in der Facebook-Gruppe und später auch via Whatsapp bei Laune und so fuhren wir zunächst weiterhin viele Siege ein,  unter anderem ein 7:1 gegen Gencler II, das in der Hinrunde fast gegen Büttgen gewonnen hätte.

      Büttgen ließ gegen Neukirchen und Gohr Punkte liegen und auf einmal waren wir wieder auf einen Punkt am Biene-Maja-Verein dran, bei dem das Geld nur so zu fließen scheint. Bester Beweis hierfür war unser Spiel gegen GV-Süd. Der Trainer der Büttgener, Cengiz Yavuz, fuhr an einem für sie spielfreien Sonntag extra von Büttgen nach Neuenhausen, um bereits 10 Minuten nach Spielbeginn den Sportplatz wieder zu verlassen. Wer für 10 Minuten Fußball bei diesen Spritpreisen über 50 km fährt, der muss doch Geld ohne Ende haben… Vielleicht hat er aber auch nur die Kabinenansprache unseres Trainers gehört, dieser wünschte ihm bereits vor Anpfiff eine gute Heimreise.

      Im Laufe der Rückrunde gab Trainer Jörg Spillmann dann leider bekannt, am Saisonende sein Traineramt wieder zu räumen. Als Nachfolger war auch Pep Guardiola im Gespräch, der Stadt-Kurier meldete gar bereits Vollzug, ehe er sich doch für den zweitbesten Verein Deutschlands entschied. Im spannenden Saisonendspurt mussten wir dann auch noch mal nach Gohr. Der dortige uralte Aschenplatz saugt selbst den fußballbegeistertsten Spielern jegliche Motivation aus, entsprechend spielten wir auch nur 1:1, wir waren wieder drei Punkte zurück.

      Da zu diesem Zeitpunkt nur feststand, dass der Erste der Kreisliga B direkt aufstiegt, mussten wir vor den letzten beiden Runden nun zum letzten Mittel greifen. Sollte der Euro wirklich scheitern, so könnte dies die Währung der Zukunft werden: Bier und Grillfleisch für die Büttgener Gegner. Eine Motivationsspritze sondersgleichen für Kreisliga-Fußballer. Und in der Tat mutierte die Zweitvertretung des VfL Jüchen/Garzweiler zu unbesiegbaren Fußballgiganten und bescherten dem Tabellenführer doch tatsächlich mit einem 2:1 die einzige Saisonniederlage. Wir waren wieder im Rennen und nur drei Tore zurück.


 

     Allerdings entdeckten auch die Büttgener die neue Zahlungsart nun für sich und weil dort anscheinend ein Goldesel im Vereinsheim steht, bot man dem Vernehmen nach den Kapellenern stattliche 100 Liter Bier und Grillfleisch, würde man uns in die Schranken weisen bzw. nur eine knappe Niederlage kassieren. Es war also angerichtet, beide Vereine hatten ihre Spitzel auf des Gegners Platz und der Buschfunk funktionierte, allerdings schien die Spannung unsere Spieler doch ein wenig zu hemmen. Zwar übernahmen wir zwischenzeitlich die Tabellenführung, allerdings ging nach dem Pausenpfiff und dem Bekanntwerden des Büttgener Zwischenstandes nicht mehr viel auf Glehner Seite. Wir gewannen 3:0, Büttgen 4:1 und alles blieb wie es war. Büttgen Meister! Mist. Müssen wir in die Relegation? Abwarten, was Süd in der Bezirksliga macht. Den Büttgenern noch faierweise artig gratulieren und dann ab zum  Bezirksliga-Endspiel nach Neuenhausen.

     Peter Hanschmann, Trainer des 1. FC Süd und Zimmernachbar unseres Übungsleiters bei Trainertagungen, ließ im Abstiegsfinale nichts anbrennen und so konnten wir auch als Gruppenzweiter den direkten Aufstieg feiern. Trainer Spillmann war übrigens nicht in Neuenhausen vor Ort. Ihm wurde (spaßeshalber) fälschlicherweise mitgeteilt, dass unser Aufstieg von Sparta Bilk abhängig sei. Da diese aber ebenfalls Unentschieden spielten, traf auch Jörg pünktlich zur Sontanfeier am Glehner Sportplatz ein. Via Autocorso vom Rathausplatz, wo mindestens drei Glehner uns frenetisch feierten, gelangte die Mannschaft an den Sportpark.  Dort wurde der Aufstieg gefeiert, wie er gefeiert werden muss: Bierdusche für die Macher des Erfolgs Drilli und Spilli und ein verdammt gut aussehender Flitzer. Dazu noch ein Zusammenschnitt der besten Mannschaftsansprachen von Jörg Spillmann Superstar, vorgetragen durch die Partykanone und einzigen Kreisliga-B-Torwart ohne Gegentor, Tobias Böhme! Natürlich floss auch die beliebte Gerstenkaltschale in ordentlichen Mengen und so wurde der Aufstieg bis tief in die Nacht gefeiert. Ein wahrlich würdiger Abschluss einer wahrlich wahnsinnigen Saison! Ein großer Dank geht natürlich an Jörg Spillmann „Superstar“, der uns nicht nur zum Aufstieg führte, sondern uns auch den ein oder anderen Lacher bescherte, der so schnell nicht in Vergessenheit geraten wird. Aber auch die Truppe hat sich ein Riesenkompliment verdient nach dieser geilen Spielzeit. Glückwunsch Jungs. Kreisliga A – wir kommen …

 

Administration

Navigation